Zu einer Bergtourenwoche hatten wir im Juli 12 Bergfreunde von Touristenklub Tábor auf unsere Gauenhütte im Montafon eingeladen. Wir trafen uns am Stausee in Latschau und bedauerten, dass Richard Èerný, der uns im vergangenen Jahr durch seine Heimatstadt Tábor - die Partnerstadt von Konstanz - geführt hatte, durch eine plötzliche Erkrankung nicht mitkommen konnte.
Gemeinsam mit den 5 Frauen und 6 Männern aus Tschechien wanderten wir talaufwärts zu unserer Hütte. Als die Gäste über blühenden Wiesen die mächtigen Drusentürme erblickten, waren sie beeindruckt.
Der erste Abend galt dem Kennen lernen. Dabei stellte sich heraus, dass sich die meisten Táborer Touristen in deutscher Sprache verständigen konnten. Das Wochenprogramm wurde besprochen. Erika war bereit, leichte Wanderungen zu führen, die überwiegende Mehrheit interessierte sich für Hochtouren.
Während die Wanderer die Lindauer Hütte als erstes Ziel gewählt haben, zog ich mit der Gruppe durch den steilen Bergwald zur Alpila Alpe und über blumenreiche Hänge weiter zum Sattel an der Mittagspitze. Das Klettern im leichten Fels machte Spaß, und vom Gipfel 2168 m - konnten wir die Schau in umliegende Täler und auf die Rätikonberge genießen.
Nach den Abklettern folgten wir dem Höhenzug, der über steilen Flanken mit leuchtenden Alpenrosen zum Schwarzhornsattel führte. Hier zwang uns die heranziehende dunkle Wolkenfront zum Abstieg, doch der Regen überfiel uns noch vor Erreichen der Alpila Alpe.
Bei unsicherer Wetterlage besichtigten wir am Dienstag Schruns, und unsere Gäste hatten Gelegenheit, Kartengrüße in die Heimat zu senden. Am Nachmittag wanderten wir gemeinsam von Brtholomäberg zum Rellseck und Fritzensee.
Einen Traumtag versprach der Wetterbericht für Mittwoch. Bereits um 6 Uhr verließen Fritz, Gerhard und ich mit unseren Gästen das Quartier. Bald hatten wir die Lindauer Hütte erreicht. Ein gut ausgeprägter Pfad führte durch die Legföhren, über grüne Hänge und durch Geröll zum markanten Sporerturm. Nun lagen steilaufsteigende, hartgefrorene Schneeflanken vor uns, die das Anlegen von Steigeisen erforderten. In gleichmäßigen Schritten traversierte ich bald mit den 11 Freunden himmelwärts. Manch einem unserer Gäste wird beim erstmaligen Begehen solcher Schneeflanken, dem ersten Aufstieg mit Steigeisen, das Herz höher geschlagen haben. Doch keiner zeigte eine Schwäche. Nach dem letzten, dem steilsten Aufschwung querten wir nach rechts. Dann war es nicht mehr weit bis zum Großen Drusenturm - 2830 m -. Nach 6-stündigem Aufstieg über 1600 Höhenmeter konnten wir uns am Gipfelsteinmann zur verdienten Rast niederlassen, beeindruckt von Tiefblick ins Gauertal und der grandiosen Fernsicht über die österreichischen und Schweizer Alpen. Unsere Gedanken schweiften hinüber zum Golmer Höhenweg, wo unsere Wandergruppe unterwegs war und uns beobachten konnte.
Vor dem Abstieg strebten wir noch hinüber zum Kreuz des mittleren Drusenturmes, um uns im Gipfelbuch einzutragen. Der erste Steilhang wurde mit Hilfe eines fixen Seiles überwunden. Glücklich kehrte die Gruppe wieder zur Gauenhütte zurück.
Beim Ausflug in die nahe Silvretta zeigten sich bereits am Morgen Gewitterwolken, sodass man auf die Schneeglocke verzichtete und ein näheres Ziel ansteuerte. Auch die Bilerspitze bot eine gute Aussicht auf Silvretta-Stausee, Gletscher und Berge. Unsere Freunde, welche noch zur Vallüla oder zur Wiesbadener Hütte aufgestiegen waren, machten mit schauerartigen Regengüssen Bekanntschaft.
Vom Regen war auch der nächste Tag geprägt, sodass die Besichtigung der Kratwerkanlage in Latschau und eine Wanderung um den Stausee eine willkommene Abwechslung brachten. Auch an den Sicherungstechniken, welche im Hüttenbereich ausprobiert werden konnten, waren unsere Gäste interessiert.
Nicht wegzudenken sind die gemütlichen Hüttenabende, welche mit Unterhaltung, Gesang und Spiel die Völkerverständigung wesentlich förderten. In wenigen Tagen waren aus Fremden Freunde geworden.
Besonderen Dank und Anerkennung möchte ich Paul und Brigitte Seeberger aussprechen, welche durch ihren Einsatz wesentlich zum Gelingen dieses Freundschaftstreffens beigetragen haben. Sie tätigten nicht nur den Einkauf der Lebensmittel für die 21-köpfige Gruppe, sie übernahmen auch die Aufgabe, für die große Schar zu kochen. Danken möchten wir auch unseren tschechischen Freunden für die Gastgeschenke und für das gute tschechische Bier.
Für das nächste Jahr hat uns der Touristenklub Tábor zu gemeinsamen Wanderungen im Böhmerwald eingeladen. Wir freuen uns auf das erneute Zusammentreffen
Raimund Steinhoff